BGB Kommentar Neu Kommentar Neu Test
Basedow, Die Reform des deutschen Kaufrechts, 1988; Brambring, Schuldrechtsreform und Grundstückskauf, DNotZ 2001, 590, 904; Brüggemeier, Das neue Kaufrecht des BGB, WM 2002, 1376; Eckert/Maifeld/Matthiessen, Handbuch des Kaufrechts, 2007; Lorenz, Fünf Jahre „neues“ Schuldrecht im Spiegel der Rechtsprechung, NJW 2007, 1; Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht, 8. Aufl 2009; Schubel, Schuldrechtsmodernisierung 2001/2002 – Das neue Kaufrecht, JuS 2002, 313; H. P. Westermann, Kaufrecht im Wandel, in: Schulze/Schulte-Nölke (Hrsg), Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, 109; ders, Das neue Kaufrecht, NJW 2002, 241.
Hemler, Das neue Kaufrecht, Jura 2022, 931; Kurth, Die Digitalisierung des BGB – die deutsche Umsetzung der Digitale-Inhalte-Richtlinie sowie der Warenkaufrichtlinie – Teil I, JA 2022, 265, Teil II, JA 2022, 353; Lorenz, Die Umsetzung der EU-Warenkaufrichtlinie in deutsches Recht, NJW 2021, 2065; Mayer/Möllnitz: Gewährleistung für „smarte“ Produkte nach Umsetzung der Digitale Inhalte- und Warenkauf-Richtlinien RDi 2021, 333; Paal/Wais, Ein Update für das BGB: Die Umsetzungen der Warenkauf- und Digitale-Inhalte-Richtlinie im Überblick, DStR 2022, 1164; Schörnig, Umsetzung der Warenkaufrichtlinie der Europäischen Union im deutschen Kaufrecht, MDR; 2021, 1097; Wilke, Das neue Kaufrecht nach Umsetzung der Warenkauf-Richtlinie, VuR 2021, 283.
- 1. Allgemeines (Rn. 1-4)
- 2. Kaufvertrag (Rn. 5-9)
- 3. Kaufgegenstand (Rn. 10-13)
- 4. Kaufpreis (Rn. 14-17)
- 5. Verkäuferpflichten (I) (Rn. 18-25)
- 6. Käuferpflichten (II) (Rn. 26-32)
- 7. Beweislast (Rn. 33)
1. Allgemeines
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a) Begriff: Der Kauf ist ein gegenseitiger rein schuldrechtlicher Vertrag (→ Rn. 2), in dem sich der eine Teil (Verkäufer) zur Veräußerung (Übertragung) eines Vermögensgegenstands (Kaufgegenstand: → Rn. 10 ff.), der andere (Käufer) zur Zahlung einer Geldsumme (Kaufpreis: → Rn. 14 ff.) verpflichtet (→ Rn. 27).
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b) Rechtsnatur. aa) Der Kaufvertrag ist ein schuldrechtlicher Vertrag, dh er begründet als reines Verpflichtungs-(Kausal-)geschäft lediglich Leistungs-(Verschaffungs-)ansprüche (→ Rn. 18 ff., 26 ff.) und ist vom Erfüllungs-(Verfügungs-)geschäft rechtlich zu trennen und diesem gegenüber in der Wirksamkeit unabhängig (→ Rn. 4; → Vor § 854 Rn. 12 f.). Erfüllungsgeschäfte sind: Übertragung des Kaufgegenstands (→ Rn. 18 f.) und Zahlung des Kaufpreises (→ Rn. 26 f.). Je nach Art des Kaufgegenstands (zB Unternehmen, → § 453 Rn. 13) kann wegen des sachenrechtlichen Spezialitätsgrundsatzes (→ § 929 Rn. 5) eine Vielzahl von Erfüllungsgeschäften erforderlich sein. Kaufvertrag und Verfügungsgeschäft brauchen zeitlich nicht aufeinanderzufolgen, sondern können in einem tatsächlichen Vorgang zusammenfallen (Handkauf; Kauf mittels Automaten); auch dann gilt die genannte rechtliche Unterscheidung (praktisch zB bei Mangel gem §§ 434 f.).
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bb) Der Kaufvertrag ist ein gegenseitiger Vertrag (→ § 311 Rn. 13). Die §§ 320–326 sind hinsichtlich der Hauptleistungspflichten (→ Rn. 18 ff., 26 ff.) anwendbar; wichtigste Folge: Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises grundsätzlich nur Zug um Zug gegen Lieferung (§§ 320I, 322).
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c) Kaufvertrag und Übereignung. Kaufvertrag und Verfügungsgeschäft sind nicht nur rechtlich zu unterscheiden (Trennungsprinzip, → Rn. 2), sondern auch in ihrer Gültigkeit voneinander unabhängig (Abstraktionsprinzip, → Vor § 854 Rn. 13). Folgerungen: Die Übereignung ist auch bei nichtigem Kaufvertrag wirksam; die Rückabwicklung erfolgt nach §§ 812 ff. Bei wirksamem Kaufvertrag ohne Übereignung bleibt der Kaufgegenstand im Vermögen des Verkäufers (wichtig für § 771 ZPO, § 47 InsO). Bei Doppelverkauf entscheidet über die bessere Rechtsstellung nicht die Reihenfolge der Kaufverträge (vgl → § 241 Rn. 4 aE), sondern allein die Übereignung (ie Wieling JZ 1982, 839, 841). Ist der Zweitkäufer Eigentümer geworden, hat der Erstkäufer gegen ihn grundsätzlich keinen Herausgabeanspruch; Ausnahme: sittenwidriges Zusammenwirken von Zweitkäufer und Verkäufer (§ 826; vgl BGH NJW 1981, 2184, 2185; ie → § 826 Rn. 19). Das Abstraktionsprinzip ist rechtspolitisch umstritten (iE Jauernig JuS 1994, 721, 726; sa BGHZ 124, 321, 324).
2. Kaufvertrag
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a) Für das Zustandekommen des Kaufvertrags gelten die allg Regeln (§§ 145 ff.). Mindestinhalt der rechtsgeschäftlichen Einigung sind Kaufgegenstand und Kaufpreis, doch braucht ersterer nicht individuell, letzterer nicht betragsmäßig bestimmt zu sein (→ Rn. 10 ff., 14 ff.). Der Vertragsschluss ist idR (außer bei den Fällen der → Rn. 7) auch stillschweigend möglich. Auch bei einer Internet-Auktion („eBay“) kommt der Vertragsschluss grundsätzlich nach §§ 145 ff. zustande, nicht durch Zuschlag (→ § 156 Rn. 1; BGHZ 149, 129, 133 ff.); das verbindliche Verkaufsangebot richtet sich an den Bieter, der in der Laufzeit der Auktion das Höchstgebot abgibt (BGH NJW 2005, 53, 54); einzelne Gebote stehen unter der aufschiebenden Bedingung (§ 158I), dass kein höheres Gebot erfolgt. Einzelheiten: Die „Auftragsbestätigung“ des Verkäufers ist die Annahme des Kaufangebots (BGHZ 61, 282, 284; ie → § 147 Rn. 7). Das (echte) Bestätigungsschreiben setzt einen bereits geschlossenen Vertrag voraus (ie → § 147 Rn. 5). Schweigen gilt auch im kaufmännischen Verkehr – außer bei vorangegangenem Bestätigungsschreiben – nicht als Zustimmung (BGHZ 18, 212, 216, stRspr; ie → § 147 Rn. 7); Bsp: Schweigen auf unbestellt zugesandte Ware, → § 241a Rn. 5. Für Einbeziehung von AGB durch Verkäufer („Lieferungsbedingungen“) oder Käufer („Einkaufsbedingungen“) s. §§ 305 ff.; wegen Verweisung auf einander widersprechende AGB vgl → § 305 Rn. 23; zur Abgrenzung von AGB- und Individualabrede → § 305 Rn. 8 ff.; ferner § 310III.
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b) Wirksamkeit. aa) Willensmängel: §§ 116 ff. Der Kalkulationsirrtum (Irrtum über die Berechnungsgrundlagen des Preises) berechtigt idR nicht zur Anfechtung (BGH NJW 1983, 1671, 1672), auch wenn der Erklärungsempfänger diesen erkannt hat (BGHZ 139, 177; → § 119 Rn. 10; → § 313 Rn. 26). Die Anfechtung wegen Eigenschaftsirrtums (§ 119II) ist durch die spezielleren Mängelrechte (§§ 437 ff.) ausgeschlossen (ie → § 437 Rn. 32 [aaa]).
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bb) Form: Ein Kaufvertrag ist grundsätzlich formfrei; Ausnahmen: § 311bI, III, V; § 484; § 507II iVm § 492, § 510I; § 2371; § 2385; § 4III WEG; § 11II ErbbauRG; § 15IV 1 GmbHG. Vereinbarte Schriftform (§ 127) häufig in AGB hinsichtlich mündlicher Zusatzvereinbarungen; formlose Nebenabreden uU gleichwohl gültig (→ § 305b Rn. 3); desgl uU formlose Abänderung (→ § 125 Rn. 9; → § 311 Rn. 7, 18). cc) Behördliche Genehmigung ist erforderlich bei § 2 GrdstVG (land- und forstwirtschaftliche Grundstücke) und §§ 144II Nr. 1, 3; 169 I Nr. 3 BauGB (Grundstücke in Sanierungs- und Entwicklungsgebieten); § 51 BauGB betrifft dagegen (ua) die Auflassung.
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dd) Abschlussverbote (§ 134) enthalten die ges Koppelungsverbote (Zusammenstellung: → § 311 Rn. 29), ferner die Verkaufsverbote im Reisegewerbe (§ 56 GewO; § 51 AMG; vgl Westphal, Zivilrechtliche Vertragsnichtigkeit wegen Verstoßes gegen gewerberechtliche VerbotsGes, 1985, S. 37 ff.), nicht aber Verstöße gegen die PAngV (→ Rn. 17; → § 134 Rn. 9). Kaufverträge über Radarwarn- oder Laserstörgeräte sind sittenwidrig (§ 138I), soweit deren Betrieb gegen § 23Ia StVO verstößt (BGH NJW 2005, 1490, 1491; 2010, 611 mAnm Skamel ZGS 2010, 106). Bierlieferungsverträge mit Ausschließlichkeitsbindung verstoßen uU gegen Art. 101 AEUV (vgl EuGH EuZW 1991, 376; BGH NJW 1992, 1456), bei übermäßiger Bindungsdauer (20 Jahre uU noch tragbar: BGHZ 83, 313, 318; NJW 1988, 2362; 1992, 2145; → § 138 Rn. 12; Herabsetzung auf angemessenes Maß möglich: → § 139 Rn. 11 f.) können sie iÜ eine sittenwidrige Knebelung bewirken; desgl unterliegt übermäßig lange Bindungsdauer von Ankaufsverpflichtung in Erbbauvertrag der Ermäßigung (BGHZ 114, 338, 339). Der Verkauf einer Arzt- oder Anwaltspraxis ist idR nicht sitten- (BGHZ 43, 46; ie → § 138 Rn. 7) oder gesetzeswidrig (einschr BGHZ 116, 268, 276; NJW 1995, 2915; KG NJW-RR 1996, 431; ie → § 134 Rn. 12); desgl nicht ein Grundstückskauf bei Unterverbriefung des Kaufpreises zur Steuerhinterziehung (BGH NJW 1966, 588; aber → § 311b Rn. 33).
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c) Parteien: Die Vertragsschließenden bzw die von ihnen wirksam Vertretenen, bei § 328 Dritte (→ § 328 Rn. 38). Vereinbarung der Vertragsübernahme durch Dritte anstelle des Verwenders in AGB idR unwirksam (§ 309 Nr. 10).
3. Kaufgegenstand
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a) Überblick. Jeder verkehrsfähige Vermögensgegenstand kann Kaufgegenstand sein: Sachen (→ Rn. 11), Rechte (→ § 453 Rn. 2) und sonstige verkehrsfähige Güter (→ § 453 Rn. 11). Die Regeln über den Sachkauf (auch Grundstückskauf, zu Schiffen s. § 452) gelten unmittelbar; § 453I ordnet entspr Anwendung bei Rechtskauf und Kauf sonstiger Güter an.
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b) Sachen (I 1; § 90): Bewegliche Sachen (sa § 474I), namentlich Waren (§ 241aI, § 373 HGB), und Grundstücke einschließlich Miteigentum an Grundstücken (BGH NJW 2020, 2014, Rn. 49) (Sondervorschriften: → Rn. 6 [aa] vor §§ 433–480), auch Sachgesamtheiten (→ Vor § 90 Rn. 5), über § 90a S. 3 auch Tiere, ferner Bargeld (Geldwechseln → § 480 Rn. 2). Zur Kaufsache gehört iZw das Zubehör (§ 311c). Bei beweglichen Sachen ist der Aggregatzustand unerheblich, also auch Flüssigkeiten und Gas. Auf Versorgungsverträge findet Kaufrecht auch dann Anwendung, wenn die Lieferung durch eine öffentl Versorgungseinrichtung (Gemeinde) erfolgt (Wasser: BGHZ 59, 303; 93, 358, 370, dazu → § 453 Rn. 11; zum Tarifkundenbereich vgl → § 453 Rn. 11; Elektrizität → § 453 Rn. 11). Die Kaufsache braucht zZ des Vertragsschlusses noch nicht individuell bestimmt zu sein. Festlegung nach Gattungsmerkmalen genügt (Gattungskauf, § 243), Bestimmung durch eine Partei oder einen Dritten ist möglich (§§ 315 ff.), auch kann nachträgliche nähere Bestimmung vorbehalten sein (§ 375 HGB). Bei zZ des Vertragsschlusses noch nicht existenter Sache ist zu unterscheiden:
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Ist Entstehung (nach der Vorstellung der Parteien) gewiss, so unbedingter Kauf. Bsp: Lieferung aus künftiger Produktion, zB Zeitungsabonnement (BGHZ 70, 356, 358); Lieferung von erst zu beschaffender Sache; Kauf eines noch zu trennenden wesentlichen Bestandteils eines Grundstücks (BGH NJW 2000, 504, 505: abzubauende Ausstellungshalle), eines abzutrennenden Teilgrundstücks (BGH NJW 1995, 957), von zu bildendem Wohnungseigentum (vgl BGH NJW 1988, 563, 564); bei Herstellungspflicht des Lieferers s. § 650. Ist Entstehung ungewiss, entweder aufschiebend bedingter Kauf (emptio rei speratae, Bsp: Kauf des nächsten Fohlens der Stute X, künftiger Ernte) oder unbedingter Kauf der Erwerbschance (→ § 453 Rn. 2, 11, emptio spei, Hoffnungskauf; Bsp: Loskauf [RGZ 77, 341, 344], Kauf einer ungeschützten Erfindung [BGHZ 83, 283, 288]). Ist Nichtentstehung gewiss, ist Kauf auf unmögliche Leistung gerichtet (§ 311a).
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c) Digitale Produkte. Beim Erwerb von Standardsoftware gegen eine Einmalzahlung liegt ein Sachkauf vor (BGHZ 102, 135, 144), dagegen ein Werkvertrag bei Individualsoftware (BGH NJW 1987, 1259; NJW-RR 2014, 1204 Rn. 13 f.), auch bei Integration in Standardsoftware (OLG Hamm NJW-RR 1992, 953 mN; s. ie Zahrnt NJW 1996, 1799); die Überlassung auf Zeit oder mit Kündigungsrecht ist Miete oder Pacht (BGH NJW 2003, 2014, 2016: Dauerschuldverhältnis); zu Nutzungsrechten („Lizenzen“) an (urheberrechtlich geschützter) Software → § 453 Rn. 18. Bei Verbraucherverträgen (§ 310III) über den Kauf digitaler Inhalte (§ 453I 2, 3) finden §§ 327–327s Anwendung; zum Verbrauchsgüterkauf über digitale Produkte s. § 475a; zum Sachmangel bei Verbrauchsgüterkauf einer Ware mit digitalen Inhalten s. §§ 475b f.
4. Kaufpreis
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a) Begriff. Kaufpreis ist das vereinbarte (→ Rn. 15) Entgelt für den Kaufgegenstand. Kein „Kaufpreis“ sind andere Gegenleistungen (Sachen, Rechte; dann Tausch, § 480), doch lässt die „Inzahlungnahme“ einer Sache (zB von Gebrauchtwagen beim Kfz-Kauf) den Kaufpreis unberührt (zur unterschiedlichen Bedeutung → § 311 Rn. 25; → §§ 364, 365 Rn. 2 f.). Soweit beim Grundstückskauf Belastungen auf den Kaufpreis übernommen werden, ist dieser nur Rechnungsgröße (BGH WM 1961, 506). Die Umsatzsteuer ist iZw im vereinbarten Kaufpreis enthalten (BGHZ 103, 284, 287 mN; 115, 47, 50); anders bei eindeutigem gegenteiligem Handelsbrauch (einen solchen verneinend: OLG Düsseldorf NJW 1976, 1268); sa § 1 PAngV.
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b) Vereinbarung. Der Kaufpreis unterliegt der freien Vereinbarung der Parteien. Preisvereinbarung in ausländischer Währung ist (seit 1.1.1999 uneingeschränkt) möglich (→ §§ 244, 245 Rn. 14).
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aa) Bestimmung. Einigung über betragsmäßig bestimmte Summe nicht erforderlich (BGH Warn 64, 88), Bestimmbarkeit genügt (§§ 133, 157, 315 ff.; § 346 HGB; Bsp: BGH NJW 1990, 1902, 1903). Fehlt ausdr Vereinbarung, wird häufig Laden-, Listen- oder Marktpreis, iÜ der angemessene Kaufpreis (OLG Hamm NJW 1976, 1212) gewollt sein. Den „angemessenen Preis“ bestimmt iZw der Verkäufer nach billigem Ermessen (§§ 315I, 316). Preisänderungsvorbehalte sind in AGB nur eingeschränkt zulässig, §§ 307, 309 Nr. 1, § 1V PAngV. Bsp: Tagespreisklausel (uU unwirksam: BGHZ 90, 69, 71 mN; NJW 1985, 621, 622); Listenpreisabrede (idR unwirksam: BGHZ 92, 200, 206 mN; LG Münster DAR 1992, 307; zulässig bei langfristigem Bezugsvertrag: BGHZ 93, 252, 257 ff.; 94, 335, 338 f.); auch gesetzl einseitiges BestimmungsR kann intransparent und damit unwirksam sein (zu § 4I, II AVBGasV: BGH NJW 2016, 1718, Rn. 20 ff. → § 315 Rn. 3 ff.); „Preis freibleibend“ (in AGB unwirksam, offengelassen in BGH NJW 1983, 1603, 1605 mN); Überwälzung gestiegener Umsatzsteuer (gegenüber Nichtkaufleuten unwirksam bei kurzen Lieferfristen: BGHZ 77, 79, 81 ff. mN; BB 1981, 520, str); fehlende Bestimmbarkeit der Erhöhungsfaktoren (unwirksam: BGH NJW 1986, 3134, 3135 f.); Wertsicherungsklauseln (→ §§ 244, 245 Rn. 18 ff.; → § 315 Rn. 6).
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bb) Höhe. Eine rechtliche Abhängigkeit vom Wert der Sache besteht nicht (BGH MDR 1976, 916), einen verifizierbaren „gerechten Preis“ gibt es nicht. Auch im AGB-Vertrag unterliegt der Preis nicht der Angemessenheitskontrolle (§ 307III 1, sa § 307III 2). Schranken: §§ 134, 138; § 4 WiStG. Öffentl.-rechtliche Preisvorschriften sind nahezu vollständig beseitigt (ie AK/Reich Vor § 433 Rn. 26 ff.). Verstoß führt idR nicht zur Nichtigkeit des Kaufvertrags (§ 134), sondern zur Aufrechterhaltung mit zulässigem Preis (BGHZ 51, 174, 181; ebenso OLG Nürnberg MDR 1976, 488 für Rabattverstoß; ie → § 134 Rn. 15). Verstoß gegen die Preisauszeichnungspflicht (PAngV) ist bürgerlich-rechtlich bedeutungslos (BGH NJW 1974, 859; 1979, 805, 807 mN, str; → § 134 Rn. 9). cc) Wegen Fälligkeit, Verzug usw vgl → Rn. 27.
5. Verkäuferpflichten (I)
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a) Allgemeines. Zu unterscheiden ist zwischen Haupt- (→ Rn. 19–21) und Nebenpflichten (→ Rn. 22–25). Die Hauptpflichten sind je nach der Art des Kaufgegenstandes (→ Rn. 10 ff.) verschieden. Haupt-(leistungs-)pflichten des Verkäufers sind beim Sachkauf die Verpflichtung zur Verschaffung von Eigentum und Besitz (I 1; → Rn. 19 f.) an der mangelfreien (I 2, §§ 434 f.) Kaufsache. Zu den Pflichten beim Rechtskauf und Kauf sonstiger Gegenstände → § 453 Rn. 2. Rechtsfolgen bei Nichterfüllung einer Hauptpflicht: §§ 280 ff.; 320 ff.; §§ 437 ff. Die Verschaffungspflicht des Verkäufers kann durch bes Vereinbarungen beschränkt sein (→ Rn. 22).
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b) Eigentumsverschaffungspflicht. Der Verkäufer hat dem Käufer das Eigentum an der Kaufsache (→ Rn. 10 ff.) zu verschaffen. Er hat die zur Eigentumsübertragung erforderlichen Handlungen vorzunehmen (§§ 873, 925; 929 ff.) und etwa entgegenstehende Hindernisse zu beseitigen (→ Rn. 23). Die Verschaffungspflicht ist auch bei gutgl Erwerb (§§ 932 ff.; 892; § 366 HGB) erfüllt.
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c) Besitzverschaffungspflicht. Die Verpflichtung zur „Übergabe“ der verkauften Sache bedeutet Verschaffung des unmittelbaren Besitzes durch Einräumung der tatsächlichen Sachherrschaft (§§ 854 f.; vgl BGH NJW 1983, 627, 628). Nebenpflichten zur Übergabe (Versendung, Verladung) → Rn. 22 ff. Einigung über den Besitzübergang genügt bei § 854II. Die Übergabe eines kaufmännischen Traditionspapiers (Orderlagerschein, Ladeschein, Konnossement, §§ 448, 475g, 650 HGB) ersetzt idR die Übergabe des Kaufguts (ie MüKoBGB/Westermann Rn. 44). Besitzverschaffungspflicht ist erfüllt erst mit Erfolgseintritt (tatsächliche Besitzerlangung), nicht schon mit Vornahme der geschuldeten Handlung (zB Auslieferung an die Transportperson im Fall des § 447I, sa zum Verjährungsbeginn § 438II), und wandelt sich nach Besitzverschaffung in eine Besitzbelassungspflicht (s. BGH NJW-RR 2018, 719, Rn. 40). Verpflichtung zur Verschaffung des unmittelbaren Besitzes entfällt bei Vereinbarung, dass Übergabesurrogat genügt (§§ 930, 868; 931), ferner, wenn Käufer bereits Besitzer ist (§ 929 S. 2).
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d) Pflicht zu mangelfreier Lieferung (und ggf. Montage, § 434IV) der Kaufsache nach I 2 ist Hauptpflicht. Sach- und Rechtsmangel s. §§ 434 f. Nach Gefahrübergang verdrängen die Rechte aus § 437 die allg Vorschriften; zu den Käuferrechten vor Gefahrübergang → § 437 Rn. 9, 16 (bb), 30 (bb), 31 (bb), 32.
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e) Nebenpflichten. aa) Überblick. Nebenpflichten des Verkäufers können sich aus bes vertraglichen Absprachen, aus der Natur des Vertrags (§§ 157, 242) und aus Ges ergeben (vgl §§ 448, 242). Bes Vereinbarungen (Lieferklauseln: → Vor §§ 433–480 Rn. 8) betreffen häufig die Verpackung (s. Flanderka BB 1992, 1574, 1575 f.), Versendung und Versicherung der Ware (→ § 447 Rn. 9 [bb]), die Kostentragung (→ § 269 Rn. 5; dort auch zu den Klauseln „cif“ und „fob“; → § 448 Rn. 2); Anschluss und Montage der Kaufsache sind Hauptpflichten (§ 434IV; → § 434, Rn. 23); vom Vertragstyp abweichende Nebenleistung: → § 311 Rn. 30). IÜ ist zwischen Nebenleistungs- (→ Rn. 23) und bloßen Schutzpflichten (→ Rn. 24) zu unterscheiden (dazu ie → § 241 Rn. 9). Für Schutzpflichten ist wirksames Zustandekommen des Kaufvertrags nicht erforderlich (→ Rn. 24, s. § 311II).
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bb) Nebenleistungspflichten. Inhalt: Der Verkäufer schuldet alles, um den Käufer in den vollen und uneingeschränkten Genuss der Kaufsache kommen zu lassen. Ie kann es sich um Aufklärungs-, Auskunfts-, Beratungs-, Mitwirkungs- und Unterlassungspflichten handeln. Ges geregelte Fälle für Auskunftspflicht und Pflicht zur Urkundenherausgabe: §§ 402, 413; Bsp für Aufklärungs- (Offenbarungs-, Hinweis-)pflichten: → Rn. 25; → § 242 Rn. 19 f. Eine allg Aufklärungspflicht des Verkäufers besteht nicht (BGH NJW-RR 1994, 907; OLG Karlsruhe MDR 2014, 266, 267 für Gemäldekauf zwischen Privatpersonen; Gröschler NJW 2005, 1601). Zur Information des Verbrauchers (und Existenzgründers, § 513) bei Teilzahlungsgeschäften s. § 507II iVm Art. 247 §§ 6, 12 f. EGBGB, des Teilzeit-Wohnrechtekäufers vgl § 482I iVm Art. 242 § 1 EGBGB, des Käufers „an der Haustür“ (§ 312b) und im Fernabsatz (§ 312c) s. § 312d iVm Art. 246a, 246b EGBGB. Eine Beratungspflicht besteht bei bes Fachkunde des Verkäufers (BGH NJW 1997, 3227, 3228), uU bei vorangegangener Empfehlung (BGHZ 88, 130, 135; dann uU selbstständiger Beratungsvertrag) sowie bei Handelsüblichkeit (BGH NJW 1977, 1055, 1056); ihr Umfang hängt von der Handelsstufe ab (OLG Koblenz BB 1976, 481) und beschränkt sich auch im Fachhandel auf für Verwendungszweck bedeutsame Eigenschaften (BGH NJW 2004, 2301). Die Übergabe von Unterlagen genügt der Aufklärungspflicht nur dann, wenn davon auszugehen ist, dass der Käufer die Unterlagen nicht nur zum Zwecke allgemeiner Information, sondern gezielt durchsehen wird (BGH NJW 2012, 846, 847: Lagepläne). UU besteht die Pflicht zur Erteilung einer Rechnung gem § 14I UStG (BGHZ 103, 284, 287 ff.; NJW 1993, 536, 537) und zur rechtzeitigen Abführung gezahlter USt an das Finanzamt (vgl BGH NJW-RR 1994, 908).
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cc) Schutzpflichten. Bezugspunkt ist die Kaufsache sowie der Rechtskreis und die Person des Käufers (s. § 241II), uU auch weitere Personen (→ § 328 Rn. 38). Bis zum Gefahrübergang (§§ 446, 447) ist der Verkäufer zum Schutz des Kaufgegenstandes, insbes zur Pflege, Obhut, Sicherung, Verwahrung oder Lagerung verpflichtet (BGH DB 1972, 34). Ist die Sache an den Käufer zu versenden, ist sie sachgemäß zu verpacken (BGHZ 87, 88, 92), verkehrssicher und objektgerecht zu verladen (BGHZ 66, 208: geladene Batterie; BGH NJW-RR 1994, 601: Verunreinigung von Trockenmörtel; → § 447 Rn. 9) und ggf ordnungsgemäß abzuladen (BGH NJW 1983, 1108, 1109: Heizöl). Die Verkaufsräume (Warenhaus, Laden, Büro) müssen so beschaffen sein, dass der Käufer nicht gefährdet (geschädigt) wird (vgl RGZ 78, 239; BGHZ 66, 51; NJW 1994, 2617). Diese Schutzpflichten bestehen uU bereits vor Vertragsschluss (s. § 311II). Sie sind grundsätzlich nicht selbstständig einklagbar; ihre Verletzung begründet ggf Rechte gem § 437; zum Schadensersatz → § 437 Rn. 35, zur Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten s. §§ 280I, 311II, 241II (cic).
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dd) Fallgruppen. Gebrauchtwagenkauf: Den sachkundigen Verkäufer trifft eine gesteigerte Aufklärungspflicht über nicht ganz unerhebliche Unfälle des Kfz (BGHZ 74, 383, 391 f.; NJW 1982, 1386; BayObLG NJW 1994, 1078, 1079) und über „fliegende Zwischenhändler“ (BGH NJW 2010, 858); uU besteht Pflicht zur Aufklärung über fehlenden Versicherungsschutz (BGH NJW-RR 1989, 211, 212); dagegen wird eine allg Untersuchungspflicht des Händlers idR verneint (BGHZ 74, 383, 388 f., 392; NJW 1981, 928, 929; 1983, 217, 218; BGH MDR 2015, 702); anders beim Fachhändler, → § 437 Rn. 22. Wird der Händler als Vertreter tätig, treffen ihn die Aufklärungspflichten persönlich. Gefährliche Ware: Bei Erzeugnissen, von denen spezifische Gefahren ausgehen können, hat der Verkäufer über die sachgerechte Verwendung aufzuklären und vor Gefahren zu warnen (BGH JZ 1960, 124: feuergefährliches Rostschutzmittel; OLG München MDR 1985, 934: Stoßdämpfer; OLG Celle NJW-RR 1986, 25: säurehaltiges Reinigungsmittel). Aufklärung umfasst schädliche Nebenwirkungen (BGHZ 64, 46, 49: kosmetisches Präparat; MDR 1978, 133: Pflanzenschutzmittel; BGHZ 116, 60, 65 ff. mN; NJW 1994, 932: Kindertee); → § 823 Rn. 133 f. Industrieprodukte: Sind sie zur Weiterverarbeitung bestimmt, hat der Verkäufer über „Risiken“ der Verarbeitung (Verarbeitungsrichtlinien) aufzuklären (BGHZ 88, 130, 135) und auf eine nachträgliche Änderung von Beschaffenheitsmerkmalen hinzuweisen (BGHZ 132, 175, 177 ff.). EDV: Es bestehen gesteigerte Aufklärungs- und Beratungspflichten des Lieferanten gegenüber dem nicht fachkundigen Anwender (ie Zahrndt NJW 1995, 1785 mN). Grundstückskauf (sa § 452 [Schiffskauf]): Der Verkäufer muss alles tun, um die Umschreibung im Grundbuch zu fördern, ggf die eigene Voreintragung (§ 39 GBO) herbeiführen (RGZ 113, 403, 405) und der Eintragung entgegenstehende Hindernisse beseitigen (BGHZ 87, 156, 165). Ist die Genehmigung einer Behörde erforderlich (zB § 51I Nr. 1 BauGB), hat er die Voraussetzungen für die Genehmigungsfähigkeit zu schaffen (BGHZ 67, 34, 35 mN). Dem Verkäufer bekannte, für das Grundstück erhebliche Planungsvorhaben der Gemeinde sind dem Käufer mitzuteilen (BGH MDR 1976, 565); ebenso ein behördliches Nutzungsverbot (BGH NJW-RR 1988, 1290, 1291). Verborgene, wesentliche Mängel eines Hausgrundstücks, zB Feuchtigkeitsbefall eines Gebäudes (BGH NJW 2012, 2793) oder Hochwassergefahr (BGH NJW-RR 1992, 334) sind zu offenbaren (BGHZ 109, 327, 330; OLGR Karlsruhe 2005, 141, 143), desgl unfachmännische Reparaturen (OLG Schleswig MDR 1980, 399). Zur Beratungspflicht beim Kauf von Eigentumswohnungen im Ersterwerbermodell vgl BGH NJW-RR 1988, 458, 459; 1990, 970, 971. Eine Aufklärungspflicht über die Unangemessenheit des Kaufpreises einer Eigentumswohnung besteht nicht (BGH NJW 2004, 2378, 2380). Maschinenkauf: Keine Pflicht des Händlers zur Untersuchung von fabrikneuem Kfz (oberflächliche Besichtigung auf Transportschäden genügt: BGH VersR 1956, 259; Ablieferungsinspektion nur bei Vereinbarung: BGH NJW 1969, 1708, 1710); dagegen besteht Pflicht des Verkäufers zur Anleitung und Einweisung (BGHZ 47, 312; NJW 1992, 2016, 2018 betr Bedienungsanleitung), Vorhaltung von Ersatzteilen (Kühne BB 1986, 1527 mN), bei nachträglicher Entdeckung gefährlicher Eigenschaften auch zum Rückruf (BGHZ 80, 199, 202); auf bestehende Schutz- und Sicherheitsvorschriften ist hinzuweisen (BGH NJW 1985, 1769, 1771), uU ist (fehlende) Typengenehmigung beizubringen (vgl BGHZ 90, 198, 203). Massengüter: Den Verkäufer trifft als Zwischenhändler keine Untersuchungspflicht (BGH NJW 1981, 1269, 1270; NJW-RR 1989, 559, 560 mN; ie → § 276 Rn. 29, → § 437 Rn. 22); das gilt insbes für das Streckengeschäft (BGH NJW 1968, 2238; anders aber bei früherer berechtigter Beanstandung: BGH BB 1977, 468). Bei vertriebsgebundener Markenware besteht Aufklärungspflicht über deren Herkunft (OLG Stuttgart NJW-RR 1988, 623, 624).
6. Käuferpflichten (II)
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a) Allgemeines. Hauptleistungspflicht des Käufers ist stets die Pflicht zur Zahlung des Kaufpreises (→ Rn. 27; → Rn. 14 ff.). Die Abnahmepflicht (→ Rn. 28) ist idR nur Nebenpflicht. Weitere Nebenpflichten können sich aus Ges und Vertrag ergeben (→ Rn. 31 f.).
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b) Die Kaufpreiszahlungspflicht ist Geldschuld (§§ 244 ff.). Übermittlungspflicht und Gefahrtragung: § 270. Bei Barzahlung ist sie auf Übereignung von Geldzeichen gerichtet (§ 929). Zu den Formen bargeldloser Zahlung vgl → § 270 Rn. 4. Fälligkeit: § 271, doch hat Käufer bei Fehlen abw Vereinbarung (Zahlungsklauseln!) nur Zug um Zug gegen Übereignung des Kaufgegenstandes zu zahlen (§§ 320I, 322). Vorleistungspflicht des Käufers besteht grundsätzlich nicht, kann aber durch Vereinbarung von Kassa- und Akkreditivklauseln (s. Baumbach/Hopt § 346 Rn. 39 f.) begründet werden; Zahlung darf dann nicht von vorheriger Untersuchung der Ware abhängig gemacht werden (BGHZ 41, 215, 216; NJW 1965, 1270; NJW 1968, 33). Auch bei vereinbarter „Lieferung gegen Nachnahme“ muss Käufer ohne vorherige Prüfung zahlen. Einen Aufrechnungsausschluss kann die Klausel „Netto Kasse ohne Abzug“ enthalten (OLG Düsseldorf BB 1995, 1712; → § 387 Rn. 11). Aufrechnung gegen Kaufpreisforderung ist Leistung iSd § 354aI 2 HGB (BGH NJW-RR 2005, 624, 626; dazu BeckOGK/Skamel § 387 Rn. 51). Die Vereinbarung einer Stundung der Kaufpreisforderung liegt idR in der Entgegennahme von später fälligen Wechseln (→ § 271 Rn. 10). Entgeltcharakter des Kaufpreisanspruchs ist uU bedeutsam für Verzugs- und Prozesszinsen (§ 288II, § 291 S. 2).
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c) Abnahmepflicht. Zum Rechtskauf → § 453 Rn. 9. aa) Begriff: Abnahme ist die körperliche Hinwegnahme der vom Verkäufer bereitgestellten Kaufsache (RGZ 53, 161, 162; 56, 173, 175; 57, 103, 109 und 402, 406). Bei Grundstücken umfasst sie auch die Entgegennahme der Auflassung (BGHZ 58, 246, 249; NJW-RR 1989, 650, 651). Anders als beim Werkvertrag (§ 640) bedeutet sie keine Billigung der Kaufsache (BGH DB 1966, 416). Sie ist reine Tathandlung und enthält keine „Annahme“ iSd §§ 363, 364. Als Käuferhandlung entspricht sie der „Ablieferung“ des Verkäufers (§ 438II; § 377 HGB). Zweck: Befreiung des Verkäufers von der verkauften Sache. Der Käufer kann die mangelhafte Sache zurückweisen (→ § 437 Rn. 29 [aa]).
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bb) Rechtsnatur: Die Pflicht zur Abnahme ist echte Schuldnerpflicht des Käufers (→ Rn. 30), nicht bloße Gläubigerobliegenheit (vgl → § 293 Rn. 9). Die Abnahmepflicht ist iZw bloße Nebenpflicht (RGZ 53, 161, 163; 57, 105, 108), denn idR ist die Abnahme des Käufers keine „Gegenleistung“ (§§ 320 ff.) für die Verkäuferleistung. Vereinbarung als Hauptpflicht des Käufers aber möglich (RGZ 92, 268) und dann anzunehmen, wenn der Verkäufer ein dem Käufer erkennbares bes Interesse an der Wegschaffung des verkauften Gegenstandes hat (BGH NJW 1972, 99). Bsp: Verkauf von Massengütern (RGZ 57, 105, 112), von leicht verderblicher Ware, zur Räumung des Lagers (BGH WM 1975, 863, 864), Kauf zum Abbruch und dgl.
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cc) Abnahmeverzug. Nimmt der Käufer die ordnungsgemäß bereitgestellte (RGZ 56, 173) Ware von der vertragsmäßigen Beschaffenheit (geringfügige Mängel sind nach § 242 unschädlich, BGH BB 1957, 92) uU trotz Mahnung (§ 286I und II) nicht ab, so hat der Verkäufer folgende Rechte: aaa) Erfüllungsanspruch auf Abnahme (→ Rn. 29), durchsetzbar mit Leistungsklage (RGZ 53, 161, 162; 56, 173, 177); bbb) Anspruch aus Schuldnerverzug auf Ersatz aller Schäden infolge Verzögerung (Unterbleiben) der Abnahme (s. §§ 280II, 286); § 287 S. 2 ist nicht anwendbar (RGZ 57, 402, 406); ccc) Ansprüche aus stets gleichzeitig gegebenem Gläubigerverzug (RGZ 57, 105, 109) auf Ersatz von Mehraufwendungen (§ 304); uU Recht zur Hinterlegung (§ 372, ggf nach Versteigerung, § 383) und zum Selbsthilfeverkauf (§ 373 HGB). Rechte gem → Rn. 30 (aaa)–(ccc) bestehen neben dem Kaufpreiszahlungsanspruch. ddd) Ist Abnahmepflicht Hauptpflicht (→ Rn. 29), kann der Verkäufer ggf gem § 323 zurücktreten; zum Schadensersatz s. § 281.
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d) Nebenpflichten. aa) Vertragliche Nebenpflichten ergeben sich häufig aus Nebenabreden zum Kauf (→ Rn. 22 ff.). Bsp: Pflicht des Käufers zum Abruf der Ware (uU aber Hauptpflicht: BGH WM 1976, 124, 125; OLG München NJW 1968, 1880, 1881); zur erforderlichen Spezifikation (§ 375 HGB); zur Tragung von Kosten (Transport, Versicherung) und Fälligkeitszinsen (BGH NJW 1992, 2625); zur Rückgabe (kostenpflichtigen Rücksendung) von Verpackungsmaterial (zB Kisten, Flaschen, Säcke; uU besteht [auch] Rücknahmepflicht des Verkäufers: → Rn. 22 ff.). Beim Kauf von Waren in Pfandflaschen(-behältern) besteht, anders als bei sog Einwegflaschen, Rückgabepflicht (zu den bei sog Flaschenpfand in Frage kommenden Auslegungsmöglichkeiten s. Schäfer/Schäfer ZIP 1983, 656, 657 f.). Für die Auslegung der idR verwendeten Klauseln (zB „ab Fabrik“, „ab Werk“, vgl Baumbach/Hopt NebenGes 6 „Incoterms“) sind Verkehrssitte (§ 157) und Handelsbrauch (§ 346 HGB) zu berücksichtigen.
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bb) Ges Nebenverpflichtungen (außerhalb § 476 abdingbar): Tragung bestimmter Kosten (Abnahme und Versendung, § 448I; Beurkundung von Grundstückskauf, Auflassung und Grundbucheintragung, § 448II); Lasten (§ 446 S. 2). Weitergehend können auch den Käufer Auskunftspflichten (zB Auskunft über Vermögensverhältnisse beim Kreditkauf), allg Schutzpflichten (§ 242) und (selten) Aufklärungspflichten (BGHZ 117, 280, 283) treffen. Bsp: Pflicht zu einstw Aufbewahrung beanstandeter Ware (vgl § 379 HGB); zu Obhut gegenüber der Kaufsache in den Fällen des § 449; zur Ermöglichung gefahrloser Anlieferung der Kaufsache (BGH NJW 1983, 1108, 1109 betr Heizöl). Keine Nebenpflichten sind die reinen Käuferobliegenheiten, wie zB die unverzügliche Untersuchung der Ware und Mängelanzeige (BGH NJW 1986, 316, 317). Folge von Verletzung: § 377 HGB.
7. Beweislast
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Der Verkäufer, der aus einem Kaufvertrag Rechte herleitet (zB mit der Kaufpreisklage), ist beweispflichtig für das unbedingte (BGH BB 1984, 2152 mN, hM) Zustandekommen des Kaufvertrags mit dem behaupteten Inhalt (zB Höhe von Skonto: BGH NJW 1983, 2944), bei Einrede des nicht erfüllten Vertrags (§ 320) für die Lieferung der vertragsmäßigen Kaufsache. Behauptet Verkäufer Abschluss zu unbestimmtem Preis, ist er hierfür beweispflichtig (RGZ 57, 46, 49), desgl für die Angemessenheit seiner Bestimmung (LM Nr. 9 zu § 315) und für Barzahlungsabrede mit Verbraucher (→ § 271 Rn. 17). Der Käufer trägt die Beweislast für die Zahlung des Kaufpreises, dessen (nachträgliche: § 271 Rn. 17) Stundung und die Anwendbarkeit des § 312 (BGHZ 113, 222, 225 ff. zu § 1 HWiG). Dies gilt auch beim Handkauf: Obwohl regelmäßig von einer Barzahlung auszugehen ist, ergibt sich daraus keine tatsächliche Vermutung für sofortige Zahlung durch den Käufer (Baumgärtel/Laumen/Prütting Bd. IV Rn. 9).
Quelle: United Nations
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